29. Okt 2024
So leer wie an diesem Nachmittag ist es zu den Öffnungszeiten nie, und das ist gut so. Im gemütlichen, gleichzeitig modernen Fachwerkambiente sitze ich mit Alexander Martinelli am Tisch, mit Blick auf die Terrasse und über die Stadt. Wir sprechen darüber, wie gut sich das Gasthaus zur Börse seit seiner Eröffnung am 1. Juli 2022 entwickelt hat.
Der Gastro-Profi (siehe Foto, seit 1998 ist er in der Gastronomie tätig, zuletzt im Kolping-Hotel Susato in Soest) leitet das Gasthaus. Dessen Name, so erzählt man in Arnsberg, stammt nicht etwa davon, dass hier früher Säcke mit Getreide oder gar Wertpapiere gehandelt wurden. Das Gasthaus in der Altstadt war eine Informationsbörse; hier trafen sich Menschen, um Neuigkeiten auszutauschen. „Dahin wollen wir zurück und sind auf einem guten Weg“, sagt Alexander Martinelli – nicht ohne Stolz. „2024 ist für uns ein gutes Jahr.“
Maßgeblich tragen dazu die Veranstaltungen bei, die im Gasthaus zur Börse stattfinden. Zu Karneval waren an den beiden Öffnungstagen (Donnerstag und Sonntag) jeweils rund 500 Gäste da. „Ein Kommen und Gehen“, erinnert sich Alexander Martinelli. „Karneval ist in Arnsberg ein ganz großes Ding.“ In Zusammenarbeit mit einer Konzertagentur aus Hamm fanden an vier Abenden Musical-Dinner mit einem Vier-Gänge-Menü für jeweils rund 100 Gäste statt. Auch das erste Kneipenquiz im August war ausverkauft. Der Schützenverein und der Karnevalsverein treffen sich regelmäßig hier, der Männerchor probt hier einmal pro Monat.
Als weiteres Highlight ist Alexander Martinelli eine der 15 Hochzeiten dieses Jahres im Gedächtnis geblieben. Die Braut war eine Radiomoderatorin aus Hamburg, der Bräutigam ein Eventmanager aus Bayreuth. „Das Paar wollte sich auf halber Strecke treffen, um zu feiern, und ist im Internet auf uns aufmerksam geworden.“ Am Ende überzeugt dann das persönliche Gespräch. „Unser großer Trumpf ist unsere Flexibilität. Wir erfüllen die individuellen Wünsche der Menschen.“
Der Bedeutung des Internets für das Marketing ist sich Alexander Martinelli sehr bewusst. Neben der Internetseite mit der Möglichkeit der Online-Reservierung ist er mit dem Gasthaus bei Facebook und Instagram aktiv, geht ab und zu selbst vor die Kamera. „Die sozialen Medien machen andere Werbung fast überflüssig“, weiß der Gastro-Profi aus der Erfahrung der vergangenen zweieinhalb Jahre. Aber nur fast: Ein Werbespot bei Radio Sauerland hat im November Firmen auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, ihre Weihnachtsfeier im Kolping-Restaurant auszurichten. Auch hier sind frühzeitige Reservierungen zu empfehlen, so groß ist die Nachfrage.
Die Gäste wissen die kreative Interpretation der Sauerländer Küche zu schätzen. Schnitzel in verschiedenen Variationen, Potthucke „Börsen-Style“ (Potthucke ist ein westfälisches Gericht vor allem mit Kartoffeln, das in früheren Zeiten der Resteverwertung diente) und selbst gebackenes Brot mit frischen Dips sind dafür nur drei Beispiele. Dafür werden regionale und saisonale Zutaten verwendet. Außerdem arbeitet die Börse mit einem Foodsharing zusammen. Nicht verwendete Lebensmittel werden täglich abgeholt und weiterverwendet.
Ich probiere an diesem Nachmittag den bayerischen Burger mit Laugenteig-Brötchen, Leberkäse, Zwiebeln und Kraut, der es wegen der Begeisterung der Gäste von der Tageskarte zu Recht ins Dauerrepertoire der Küche geschafft hat. „Unsere Hauptzielgruppe sind Menschen aus Arnsberg und einer Umgebung von bis zu 30 Kilometern“, sagt Alexander Martinelli. Für das gute Essen lohnt sich der Weg.
Ebenfalls zu schätzen wissen die Gäste das Konzept des Inklusionsbetriebes, der das Gasthaus zur Börse ist. Vier der sieben Mitarbeitenden haben eine Beeinträchtigung. Völlig selbstverständlich und gut aufeinander eingespielt arbeitet das Team vor und hinter den Kulissen zusammen. „Bis auf eine Person sind wir immer noch dasselbe Team wie zu Beginn. Unser Konzept des Miteinanders kommt bei unseren Gästen an“, weiß Alexander Martinelli.
Wie gut, das zeigen neben den persönlichen Rückmeldungen auch die Online-Bewertungen: Bei 4,9 von möglichen fünf Sternen steht das Gasthaus zur Börse zum Zeitpunkt, zu dem dieser Text geschrieben wird.