29. Aug 2024
Die Soziale Frage hat Adolph Kolping bewegt. Ihm lagen nicht nur die Handwerksgesellen am Herzen. In seinen Schriften und Veröffentlichungen beschäftigte er sich auch mit den Sorgen und Nöten der Fabrikarbeiter angesichts der Industriellen Revolution. Wie an vielen anderen Stellen, blieb Kolping auch hier nicht beim Wort, sondern ließ Taten folgen. Welche, davon berichtet unser ehemaliger Diözesanvorsitzender Gerd Tietz, ein ausgewiesener Kenner unserer Verbandsgeschichte, bei dem wir wieder zu Gast waren.
In den „Rheinischen Volksblättern“ schrieb Adolph Kolping 1865, im Jahr seines Todes, sechs Beiträge unter dem Titel „Zur Arbeiterfrage“. Die Industrielle Revolution habe die Menschen egoistischer gemacht, stellte er unter anderem fest: „‘Wenn ich es nur gut habe, dann kann mir wenig daran liegen, wie es dem Nebenmenschen ergeht‘, das ist die praktische Weltlehre im direkten Gegensatz gegen die christliche Lehre von der Nächstenliebe geworden (…). Auch das moderne Handwerk ist in diese Weltschule gegangen und dadurch ziemlicher Auflösung verfallen.“ Der letzte Beitrag erschien am 16. September 1865, wenige Monate vor Kolpings Tod.
15 Jahre zuvor, im Jahr 1850, hatte Kolping für die Gesellen in Köln eine Krankenunterstützungskasse gegründet, berichtet Gerd Tietz: „Damit war er der staatlichen Gesetzgebung um Jahrzehnte voraus“, stellt Tietz fest. Erst 1883 schuf Bismarck die gesetzlichen Grundlagen für eine Krankenversicherung, ein Jahr später für eine Unfallversicherung und 1891 für eine Rentenversicherung. Bis dahin waren die in Handwerk und Industrie arbeitenden Menschen im Falle von Krankheit oder Unfall auf sich allein gestellt oder auf caritative Hilfe angewiesen.
„Kolpings Krankenunterstützungskasse basierte auf ehrenamtlichem Engagement“, berichtet Gerd Tietz. „Er ließ Ehrenamtliche in der Pflege schulen und beschrieb ihre Aufgaben sehr detailliert in den von ihm verfassten Statuten.“ So hieß es in §22: „Die Krankenpfleger sind verpflichtet, den ihnen gemeldeten Kranken binnen 24 Stunden nach Meldung aufzusuchen, sich über die Krankheit und den Grad derselben möglichst genau zu unterrichten, nötigenfalls den betreffenden Arzt zu Rate zu ziehen, wie überhaupt die Sorge um den Kranken und dessen Überwachung wahrzunehmen.“ Dieses System ehrenamtlicher Pflege ist in seinen Grundzügen vergleichbar mit den ambulanten Hospizdiensten unserer heutigen Zeit.
Die Gedanken Adolph Kolpings haben laut Gerd Tietz Eingang gefunden in die Enzyklika „Rerum Novarum“, die Papst Leo XIII. 1891 veröffentlicht hat. In dieser Enzyklika macht der Papst Vorschläge zur Lösung der Sozialen Frage. Und ganz bewusst habe Papst Johannes Paul II. das Jahr 1991 – 100 Jahre nach Veröffentlichung von „Rerum Novarum“ gewählt, um Adolph Kolping selig zu sprechen. „Eine besondere Ehre, die Kolping damit zuteilwurde“, davon ist Gerd Tietz überzeugt.